Wirkung des Gasteiner Heilstollens

Im Gasteiner Heilstollen in Bad Gastein kuren Menschen mit entzündlichen Erkrankungen des Bewegungsapparates – Im warmen Berg atmen sie radonhaltige Luft – Warum das Schmerzen lindert, wurde erforscht

Die Geschichte von der wundersamen Wirkung des Berges beginnt in den 1940er-Jahren mit der Suche nach Gold. Bereits im 17. Jahrhundert war man im Gasteinertal durch das Edelmetall reich geworden, und mitten im Zweiten Weltkrieg entschloss man sich, die alten Schächte wieder zu öffnen. Insgesamt wurden 16 Stollen gegraben. Die Arbeit war hart, besonders im Paselstollen. Je tiefer die Knappen dort in den Berg vordrangen, umso heißer und feuchter wurde es: bis zu 44° Celsius mit Luftfeuchtigkeit von fast 100 Prozent.

Gold fand man nicht, dafür gab es eine andere, rein empirisch gewonnene Erkenntnis: Jenen Bergarbeiter, die im Paselstollen arbeiteten, tat die Wärme gut. Sie hatten weniger Infekte als ihre Kollegen, ihre Gelenkschmerzen und ihr Asthma verschwanden.

Nach dem Krieg begannen Wissenschafter der Universität Innsbruck dieses Phänomen zu erforschen und entdeckten, dass die Luft in jenem einen Stollen Radon enthielt. „Das Edelgas, das eingeatmet oder über die Haut aufgenommen wird, wirkt auf die Entzündungskaskade im Körper und bremst sie auf molekularer Ebene“, erklärt Internist Bertram Hölzl, ärztlicher Leiter des Heilstollens Gastein. Pro Jahr kommen hierher 12.000 Therapiegäste, meist Schmerzpatienten mit chronisch entzündlichen Erkrankungen.

Die weltweit einzigartige Behandlung dauert zwischen zwei und drei Wochen. Jeden zweiten Tag steht eine „Einfahrt“ für die Kurgäste auf dem Programm. Man versammelt sich im Bademantel, eine junge Ärztin – auch sie im Bademantel – ruft jeden einzeln auf und gibt bekannt, auf welcher der fünf Stationen jeder Kurgast aussteigen muss. Der Heilstollen führt 2,5 Kilometer tief in den Berg, insgesamt gibt es vier Klima-Levels, die sich hinsichtlich Umgebungstemperatur (37,5° bis 42° Celsius) und Luftfeuchtigkeit (70 bis 100 Prozent) unterscheiden. „So, jetzt fahren wir ein“, sagt die Ärztin, und die Kurgäste marschieren im Gänsemarsch zum Zug, einen Liegewagen für Schwerkranke gibt es auch.

Sauna im Gasteiner Heilstollen

Dann beginnt die Fahrt in die Tiefe, es ist ein bisschen so wie eine Sauna im Berg. Ein Berliner Morbus-Bechterew-Patient erzählt, dass er seit vielen Jahren alle zehn Monate hierherkommt, weil seine Schmerzen zwei Wochen nach dem Aufenthalt besser werden.

Die erste Station ist die „Bademantelstation“: Ab nun tragen alle Badekleidung. Station für Station steigen Menschen aus, gehen wenige Schritte zu den in Tunneln aufgestellten Holzpritschen, um dort für die nächsten 40 Minuten zu ruhen. Im Stollen soll nicht miteinander gesprochen werden – ein paar hitzeerprobte Profis schnarchen nach wenigen Minuten.

Sobald alle liegen, beginnt die Ärztin – auch sie im Badeanzug mit dem Stethoskop um den Hals – ihre Runde durch die Stollen, kontrolliert Blutdruck, misst Puls. Wer im engen Tunnel Platzangst bekommt oder die Hitze nicht mehr aushält, drückt einen Notknopf und wird in einen gekühlten Aufenthaltsraum gebracht. „Solche Notfälle passieren sehr selten“, sagt die Ärztin. 74.000 Einfahrten pro Jahr finden statt!

Wie genau Radon-Strahlen im Körper wirken, wird seit Anfang der 90er-Jahre intensiv erforscht. Man geht davon aus, dass Radon die zelleigenen Reparaturmechanismen verbessert und die Botenstoffe der Schmerzwahrnehmung beeinflusst. „Radon aktiviert das entzündungshemmende Zytokin TGF-Beta, einen Gegenspieler des körpereigenen Botenstoffes TNF-alpha, der bei entzündlichen Autoimmunerkrankungen überreagiert“, erklärt Markus Ritter vom Forschungsinstitut Gastein, einer unabhängigen Einrichtung an der Paracelsus-Universität Salzburg. Zusammen mit seiner Kollegin Angelika Moder startet dieser Tage gerade eine neue Studie. Dass Radontherapie bei Patienten mit Morbus Bechterew knochenaufbauende Prozesse fördert, hat man bereits in einer Pilotstudie herausgefunden. Nun werden OPG und RANKL, beides messbare Botenstoffe, die bei der Knochenbildung eine entscheidende Rolle spielen und bei Osteoporose charakteristisch verändert sind, bei Radon-Einwirkung unter die Lupe genommen. „Da wir einige Wirkmechanismen der Radon-Therapie im Körper kennen, können wir gezielt nach neuen Anwendungen forschen“, sagt Moder.

Wärme und Strahlen

Ein forschungstechnisches Handicap gibt es bei den Studien allerdings: Der Gasteiner Heilstollen ihre Lebensqualität steigt, „und der Staat könnte sich durch Kuren Medikamentenkosten sparen“, sagt Heilstollen-Vorsteher Hölzl. (Karin Pollack, Printausgabe, 29.6.2009)

Wissen: Radon-Therapie

Radon ist ein farb- und geruchloses Edelgas, das in niedrig dosierten Mengen eine natürliche Heilwirkung auf den Körper hat. Der Radongehalt dieser radioaktiven Substanz beträgt 44 kBq/m3, das entspricht bei einer dreiwöchigen Kur einer Strahlendosis von einem Röntgenbild und ist damit medizinisch unbedenklich.

Eine Radon-Therapie wird bei folgenden entzündlich rheumatischen Erkrankungen vom Facharzt verordnet: Morbus Bechterew, Fibromyalgie, Spondylarthropien, Rheumatoide Arthritis, Arthrosen, Gicht, Weichteilrheumatismus, Psoriasis, Neurodermitis , Sarkoidose, Neuralgien, aber auch bei Asthma bronchiale, chronischer Sinusitis, COPD oder Heuschnupfen. Das Procedere: Im Laufe von zwei bis drei Wochen werden insgesamt acht bis zwölf Einfahrten absolviert. Eine Einfahrt dauert eine Stunde.

Vor der ersten Einfahrt werden die Kurgäste einer genauen Untersuchung unterzogen. Kontraindikationen: Schwangerschaft, unbehandelte Schilddrüsenüberfunktion, Klaustrophobie, schwere Herz-, Kreislauf- oder Nierenerkrankungen – in solchen Fällen sind Radon-Bäder in speziellen Wannen („Dunstbad“) eine Alternative. Radon selbst ist nach drei Stunden komplett wieder aus dem Körper ausgeschieden. (pok)

 

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Datum: 21. Januar 2015 . Autor: Daniela Pfeiffenberger
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